Unsere Heimat

Im Rahmen des Unterrichts beschäftigen wir uns viel mit unseren eigenen Wurzeln bzw. unserer Heimat. Viele Projekte – und sogar ganze Webseiten – sind in diesem Zusammenhang schon entstanden:

Unser Dialekt-Eckerl
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Dialekt-Eckerl)

Projekt Feste und Feiern
(Link auf externe Homepage
www.feste-in-bayern.de)

Projekt Sterbebilder
(externer Link auf die Homepage
Sterbebilder)

Stolpersteine
Ernestine und Karl Kohner

Der Nachname Kohner ist vor allem in Deutschland und in jüdischen Gemeinschaften verbreitet. Auf Grabsteinen von Familien dieses Namens finden sich oft segnende Hände.

Die Familie Kohner, mit denen sich die AG Geschichte beschäftigte, stammte ursprünglich aus dem böhmischen Raum und war in der Gegend von Tachau angesiedelt. Dort lebten im 19. Jahrhundert viele jüdische Familien. Sie waren als Hausierer tätig, das heißt, sie sind von Ort zu Ort gezogen und haben Waren des täglichen Bedarfs verkauft. Nach der Umsiedlung nach Altenstadt bei Vohenstrauß um das Jahr 1873 behielten die Kohners diesen Beruf bei. Man kann davon ausgehen, dass das auch die Form war, wie unsere Vorfahren mit jüdischen Menschen in Kontakt gekommen sind, auch wenn diese nicht direkt am Ort gewohnt haben.

Joachim und Anna Kohner hatten fünf Kinder. Ernestine war etwa ein Jahr alt, als die Eltern nach Altenstadt bei Vohenstrauß zogen, ihr Bruder Karl wurde in Altenstadt geboren. Nach einigen Jahren zog die Familie nach Weiden. Finanziell schien es der Familie gut zu gehen, einer Einbürgerung nach Bayern wurde zugestimmt. Drei Geschwister verließen die Oberpfalz, zwei Schwestern wanderten sogar nach Amerika aus, Karl und Ernestine blieben jedoch in der Region.

Ernestine blieb ledig und führte ein Leben als Privatiere.

Karl wurde Kaufmann und verbrachte mehrere Jahre in Schwandorf, wo er die Verkäuferin Rosa Lisberger heiratete. Die beiden hatten drei Söhne: Willi, Siegfried und Justin. Karl führte bis zu den Novemberpogromen 1938 einen Schnittwarenhandel in Weiden. Noch im Sommer 1938 war er mit seiner Firma in eine „Warnkarte“ der Kreisleitung der NSDAP aufgenommen worden. Ziel dieser Liste war es, die letzten nichtjüdischen Käufer davon abzuhalten, ein jüdisches Geschäft zu betreten.

Als die Deportation der Juden aus Weiden begann, wurden Karl, 66 Jahre alt, seine 62jährige Ehefrau Rosa und Ernestine, 71 Jahre alt, als nicht mehr arbeitsfähig eingestuft. Sie wurden nach Regensburg gebracht, angeblich in ein Altersheim. Der Weidner Oberbürgermeister meldete in einem amtlichen Schreiben, Weiden sei jetzt judenfrei. In Regensburg wurden in den so genannten „Judenhäusern“ sechs und mehr alte Leute in Zimmern auf engstem Raum zusammengepfercht. Am 23. September 1942 werden Karl und Ernestine zusammen mit Karls Ehefrau Rosa nach Theresienstadt deportiert.

Karl stirbt am 26. Februar 1943 in Theresienstadt.

Ernestine stirbt am 21. März 1944 in Theresienstadt.

Rosa, die Ehefrau von Karl, wird am 18. Mai 1944 nach Auschwitz deportiert.

Der Sohn Siegfried, von Beruf Dekorateur, wurde in Majdanek ermordet. Die Spuren des Sohnes Willi, Kaufmann, verlieren sich in Hamburg. Der dritte Sohn, Justin, gelernter Bäcker, hatte sich 1933 nach Paris abgemeldet, kehrte 1945 als Offizier der US-Army in die nördliche Oberpfalz zurück. Er versuchte auf eigene Faust, die Verantwortlichen für die Judenpogrome in Weiden ausfindig zu machen. Er erwirkte die Geständnisse teilweise unter Anwendung von Gewalt. Das hatte bei späteren Gerichtsverhandlungen strafmildernde Folgen.

Quelle Fotos: Stadtarchiv Weiden

Das Projekt

Mit dem Thema Judentum kommen Schüler im Lauf der Schulzeit immer wieder in Berührung, sei es in Religion, Ethik oder Geschichte. Immer wieder bespricht man im Geschichtsunterricht, dass jüdische Menschen ausgegrenzt und verfolgt wurden. Dabei scheint das Thema nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich weit entfernt zu sein. Die Geschichte-AG hat sich im Schuljahr 2023/24 mit der Frage beschäftigt, ob es auch in Vohenstrauß jüdische Bezüge gegeben hat. Angeregt durch den Artikel „Ein Abschiedsbrief der Weidnerin Ernestine Kohner vor ihrer Deportation nach Theresienstadt im Jahr 1942“ (Sebastian Schott in: Oberpfälzer Heimat, Band 67, Weiden 2023 S. 41-55) entstand die Idee, für Ernestine und Karl Kohner Stolpersteine zu verlegen.

Bei den Stolpersteinen handelt es sich um ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das  1992 begann. Kleine Gedenktafeln aus Messing, die in den Boden eingelassen werden, sollen an Menschen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden. Inzwischen liegen Stolpersteine in 1265 Kommunen Deutschlands und in einundzwanzig Ländern Europas. „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, zitiert Gunter Demnig auf seiner Homepage den Talmud.

Im Landkreis Neustadt an der Waldnaab gab es lange Zeit noch keinen solchen Gedenkstein. Das sollte sich also 2024 ändern. Eine kleine Gruppe unserer Schule machte sich auf die Spurensuche nach der Familie Kohner. Wissenschaftlich begleitete Dr. Sebastian Schott das Projekt.

Erste Anlaufstelle war das Stadtarchiv von Weiden. Dort lagern ca. 1100 Urkunden, die älteste stammt aus dem Jahr 1365, Ratsprotokolle, Zunftbücher, Rechnungen, Manuskripte, Karten und Befestigungspläne – und eben auch Informationen zu der Familie Kohner, die von Altenstadt bei Vohenstrauß aus nach Weiden gezogen war. Es war für die Mitglieder der AG interessant, einmal originale Dokumente in der Hand zu halten und zu erfahren, wie Historiker sich wissenschaftlich damit auseinandersetzen.

Welche Spuren es in Tschechien noch zu finden gibt, das galt es, in einer Exkursion herauszufinden. Herr Dr. Schott zeigte den Jugendlichen zwei Friedhöfe, die sie ohne seine Hilfe sicher nicht ohne Weiteres gefunden hätten. Jüdische Friedhöfe werden nicht aufgelöst, sie bleiben bestehen, bis die Steine verwittert und versunken sind. Diese Spuren konnte man an den beiden Friedhöfen in Dlouhý Újezd (deutsch Langendörflas) und Pořejov (deutsch Purschau) sehr gut erkennen. Die Jugendlichen suchten die Gräber der Familie Kohner, die noch erhalten sind. Miroslav Křížek, der Bürgermeister von Langendörflas, begleitete die Exkursion und konnte der AG einen umfangreichen Stammbaum der Familie mit auf den Weg geben. Auch bei dem untergegangenen Dorf machte die kleine Gruppe kurz Halt.

Am 13. Mai 2024 wurden die Stolpersteine verlegt. Die Unterstützung durch die Stadt Vohenstrauß war umfassend, sie hatte die Einladungen verschickt, die notwendigen verkehrstechnischen Sicherheitsvorkehrungen und die handwerklichen Vorarbeiten geleistet.  Zahlreiche Gäste konnten begrüßt werden, so Mitglieder der jüdischen Gemeinde von Weiden, Schulleiter benachbarter Schulen, Vertreter von Verbänden und Stadtrat.

Bürgermeister Andreas Wutzlhofer fand selbst Zeit, die einleitenden Worte zu sprechen. Werner Friedmann vertrat die Gesellschaft für ChristlichJüdische Zusammenarbeit Weiden und ging in seiner Rede auf das Stolpersteinprojekt als solches ein – seine Ursprünge, seine Zielsetzung, weitere mögliche Projekte in der Region. Die Mitglieder der AG präsentierten dann in kurzen Texten das, was sie in ihren Recherchearbeiten erarbeitet hatten. Wörtlich schlossen sie mit den Worten:

„Wir möchten mit dem Stolperstein daran erinnern, dass unsere Vorfahren vor dem Holocaust alle Kontakt zu jüdischen Menschen hatten. Es gab Geschäftsverbindungen und Freundschaften. Aktuelle Krisen und Kriege zeigen, dass immer noch Menschen wegen ihrer Nationalität oder Religion verfolgt werden. Wir möchten mit unserem Projekt ein Zeichen für Demokratie, Frieden und Toleranz setzen. Das Schicksal der Familie Kohner und unzähliger anderer Familien darf nicht vergessen werden.“ 

Stolpersteine, denen wir begegnet sind

In 21 Ländern wurden inzwischen Steine verlegt. Wenn wir Stolpersteinen begegnen, wollen wir hier darauf aufmerksam machen.

Stefan war in Ambergs Fußgängerzone aufmerksam unterwegs und fand dort sieben Stolpersteine:

Anna, Lina und unser ehemaliger Schüler Markus fanden folgende Steine beim Ministrantenausflug in Salzburg:

In Venedig fanden Anna, Antonia, Lina, Max und Stefan folgende Steine:

Einige Kolleginnen und Kollegen machten Urlaub im Norden. Sie fanden Stolpersteine in Lübeck und Kopenhagen:

Anna, Lina und Wolfgang fanden folgende Steine während der Ministrantenwallfahrt in Rom:

Timo fand folgende Steine in Weiden:

Sebastian fand folgende Steine in Pilsen: